Ein Zusammenhang zwischen der kognitiven und motorischen Entwicklung wurde schon früh von Gesell's Reifungstheorie angenommen. Sie besagte, dass physische, motorische und kognitive Entwicklung primär bestimmt sind durch biologische Prädispositionen (Gesell & Thompson, 1934). Piaget's kognitive Entwicklungstheorie hingegen ging noch einen Schritt weiter; diese Theorie nahm an, dass die motorischen Fähigkeiten eines Kindes es ermöglichen, dass das Kind die Welt erforschen und verstehen kann. Dies führe dazu, dass sich Hirnstrukturen differenzieren und somit auch abstraktere kognitive Prozesse ermöglichen (Piaget & Inhelder, 1966). Heute wird angenommen, dass die Beziehung zwischen Motorik und Kognition durch exekutive Funktionen angetrieben wird (Roebers & Kauer, 2009). Ein Denkansatz, welcher spezifischer die Grobmotorik in Verbindung mit Mathematik bringt, ist die Embodied Cognition (Dt. Verkörperung); sie ist geprägt durch die Annahme, dass ähnliche Hirnstrukturen (präfrontaler Kortex, Cerebellum) aktiviert werden, wenn eine motorische bzw. kognitive Aufgabe gelöst wird und deshalb die Kombination beider Handlungen zu den besten Leistungen führt. Zum Thema „Mathematik und Motorik“ begann im Herbst 2013 ein abteilungsübergreifendes Projekt zwischen Prof. Dr. Claudia Roebers und Prof. Dr. Fred Mast, die Leitung wurde übernommen von M Sc Venera Gashaj und M Sc Nicole Sprenger. Das Projekt befasst sich mit Entwicklungsveränderungen in der Motorik und in mathematischen Vorläuferfertigkeiten im Übergang vom Kindergarten in die Primarschule. Eine erste Untersuchung fand im Kindergarten, eine zweite Untersuchung in der 2. Primarschulklasse statt. Ziel ist es, Zusammenhänge aufzudecken, welche die Motorik und Mathematik verbindet. In diesem Forschungsprojekt interessieren uns Zusammenhänge und geteilte Varianzanteile zwischen Motorik und Mathematik.